satisfy me
03.02. - 31.03.2018
Kunstsaele, Bülowstr. 90, 10783 Berlin
Öffnungszeiten: Mi. - Sa. 11:00 - 18:00 Uhr
Stellen Sie sich vor, Sie schauen in einen Spiegel, dessen Umriss einen Schriftzug ergibt: Befriedige mich! Mit diesem Imperativ konfrontiert Monica Bonvicinis Werk Satisfy Me den Betrachter. Nur wer macht die Ansage? Der Spiegel als Stellvertreter für den lüsternen Blick der Anderen, der einen selbst zum Objekt der Begierde modelliert? Oder das Spiegelbild? Nach Jacques Lacans Theorie des Spiegelstadiums etwa beginnt die Subjektwerdung des Menschen mit der prägenden Urszene beim Blick in den Spiegel: Einerseits als Identifikation mit dem Spiegelbild, andererseits als Spaltung des Subjekts. Kurz: Zielt die Fremd- wie Selbstwahrnehmung des menschlichen Körpers bloß auf das Beschwichtigen der Fleischeslust?
Körper sind Spannungsfelder. Sie pulsieren zwischen den Polen völliger Entspannung und kompletter Anspannung – und repräsentieren etwa Eleganz oder Unsicherheit. Körper sind auch Spannungserreger. Sie haben ihrerseits die Macht, insbesondere im Zustand der Nacktheit, die Betrachter in Spannung zu versetzen – und etwa Begehren oder Unbehagen zu erwecken. Kunst, die sich der Darstellung entblößter Körper widmet, hat es nie nur mit Oberflächenphänomenen zu tun, sondern stets auch mit Seelenzuständen. Die Sammlung Wemhöner begibt sich mit der zweigeteilten Ausstellung satisfy me auf das vibrierende, seit der Antike von Tabus, Normvorstellungen und Grenzüberschreitungen geprägte Terrain einer Ästhetik der Blöße.
Der erste Teil der Ausstellung (Körper als Spannungsfeld) präsentiert mit Kader Attia und Duane Michals gegenwärtige Positionen künstlerisch inszenierter Nacktheit, die sich an zwei bis heute fortwirkende Traditionslinien anschließen lassen: an die Vorstellung idealer Schönheit seit der griechischen Antike und an die christliche, mit Scham, Erkenntnis und Vergänglichkeit verbundene Erzählung vom Sündenfall. Vor dem Hintergrund heroischer oder idealer Nacktheit gewinnen auch die Arbeiten der Künstler Yang Fudong und Xu Qu – chinesische Gegenwartskunst ist ein Schwerpunkt der Sammlung Wemhöner – an Kontur.
Der zweite Teil der Ausstellung (Körper als Spannungserreger) stellt sich der Allgegenwart medial vermittelter Nacktheit einer zunehmend exhibitionistischen Gesellschaft. Einerseits verschwimmen die Trennungen zwischen Privatem und Öffentlichem; andererseits drohen die Bilderfluten eines regelrechten Blößenwahns. Angesichts dessen ringen die Arbeiten von Roger Ballen, Monica Bonvicini, Asta Gröting, Marc Lafia, Andreas Mühe und Tim Noble & Sue Webster um ein zeitgemäßes Verhältnis zum nackten Körper. Dessen Entzauberung wird auf der Grundlage verschobener Schamgrenzen mitunter so weit getrieben, dass eine Sehnsucht nach seiner Wiederverzauberung unabweisbar erscheint.
Dr. Michael Ostheimer
Künstler
Nevin Aladag, Kader Attia, Roger Ballen, Vanessa Beecroft, Monica Bonvicini, Birgit Brenner, Asta Gröting, Isaac Julien, Marc Lafia, Duane Michals, Andreas Mühe, Tim Noble & Sue Webster, Xu Qu, Yang Fudong
Kurator
Philipp Bollmann